Episode 108: Fight Club – Toxic Masculinity, Midlife Crisis und Faschismus
David Finchers Fight Club aus dem Jahr 1999 ist eine Verfilmung von Chuck Palahniuks gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1996.
Im Mittelpunkt steht ein namenloser, ungefähr 30jähriger Protagonist, der die Leere in seinem Leben durch Konsum und den Besuch diverser Selbsthilfegruppen zu füllen versucht. Auf einer Geschäftsreise lernt er im Flugzeug den Seifenverkäufer Tyler Durden kennen und fühlt sich von dessen anarchischer Lebensweise magisch angezogen. Gemeinsam gründen sie den Fight Club, einen Ort im Untergrund, an dem Männer noch Männer sein und sich gegenseitig die Fresse einschlagen dürfen. Doch schon bald muss unser Protagonist feststellen, dass Tyler Durdens Ambitionen deutlich weiter gehen, als bloß einen Ort für Hinterhofschlägereien zu verwalten.
Also dann: Stylishe Action, eine bizarre Geschichte mit komplexem Subtext, Basic CGI, Konsumkritik, Bullet Time Sex und ein Electroscore von den Dust Brothers. Also wenn das nicht End-90er ist, dann weiß ich es auch nicht. Anyway, Johannes, gegen wen würdest du denn gerne kämpfen?
Transkript
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: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 108: Fight Club – Toxic Masculinity, Midlife Crisis und Faschismus Publishing Date: 2023-01-25T08:54:10+01:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2023/01/25/episode-108-fight-club-toxic-masculinity-midlife-crisis-und-faschismus/
Florian Bayer: Absolut. Für Teenager?
Florian Bayer: Ja, natürlich muss man das. Man muss einmal sagen, wir machen das, was man im Fight Club nicht tun sollte. Wir brechen Tyler Durdens Regeln. Oder tun wir es?
Florian Bayer: Du redest nicht über den Fight Club. Und damit herzlich willkommen, liebe Zuhörenden, liebe Fight Club-Freunde, liebe Kämpfenden, zu einer neuen Episode vom Muss-Man-Sehen-Podcast. Wo wir uns so richtig auf die Fresse hauen werden gegenseitig. Auf jeden Fall, heute muss es sein. Heute geht es nicht ohne Gewalt, heute geht es nicht ohne Macho-Gehabe, heute geht es nicht ohne Identitätsstörungen. Wir reden nämlich über einen echten Klassiker, der mittlerweile auch schon über 20 Jahre auf dem Buckel hat.
Johannes Franke: Ja, also laut der ersten Regel unseres Podcasts muss ich ja deinen Film sehen. Und ich habe ihn ja auch ein bisschen von dir gefordert, weil du immer wieder davon redest und immer wieder sagst, dass das ein missverstandener Film ist. Und jetzt möchte ich gerne von dir wissen, in dieser Folge, warum dieser Film oft so missverstanden zu sein scheint.
Florian Bayer: Also wir können auch, ich glaube, wir werden auch darüber reden, ob der Film auch selbst schuld daran ist, dass er missverstanden wird. Ja, okay, ja. Weil ein Kunstwerk ist immer auch ein bisschen für seine Rezeption verantwortlich. Vielleicht, ja. Ich bin sehr gespannt drauf und ich freue mich. Ich habe einen kleinen Text vorbereitet und dann steigen wir einfach ein in die Diskussion. Ich bin gespannt.
Johannes Franke: Möchtest du Tee? Dann könnte ich dir dabei Tee eingießen.
Florian Bayer: David Finchers Fight Club aus dem Jahr 1999 ist eine Verfilmung von Chuck Palahniuk. Es ist ein gleichnamiger Roman aus dem Jahr 1996. Im Mittelpunkt steht ein namenloser, ungefähr 30-jähriger Protagonist, der die Lehre in seinem Leben durch Ikea-Konsum und den Besuch diverser Selbsthilfegruppen zu füllen versucht. Auf einer Geschäftsreise lernt er im Flugzeug den Seifenverkäufer Tyler Durden kennen und fühlt sich von dessen anarchischer Lebensweise magisch angezogen. Gemeinsam gründen sie den Fight Club, einen Ort im Untergrund, an dem Männer noch Männer seien und sich gegenseitig die Fresse einschlagen dürfen. Doch schon bald muss unser Protagonist feststellen, dass Tyler Durdens Ambitionen deutlich weiter gehen, als bloß einen Ort für Hinterhofsschlägereien zu verwalten. Also dann. Stylische Action, eine bizarre Geschichte mit komplexem Subtext, Basic CGI, Konsumkritik, Bullet Times 6 und ein Elektroscore von den Dust Brothers. Also wenn das nicht Endneunziger ist, dann weiß ich es auch nicht. Anyway, Johannes, gegen wen würdest du gerne kämpfen? Na gegen dich, Flor. Natürlich, was denn sonst?
Johannes Franke: Natürlich, was denn sonst? Der Einzige, der im Raum ist. Der Einzige, der im Raum ist. Der Einzige, der im Raum ist. Der Einzige, der im Raum ist. Der Einzige, der im Raum ist. Und der einzige männliche Freund, den ich öfter sehe.
Florian Bayer: Eigentlich müssten wir das mal machen, uns verabreden, um dann so Bitchfight-mäßig aufeinander einzuschlagen. Leider kann ich das nicht zeigen, wir sind kein visuelles Medium. Aber so dieses und mit den Händen so rumflattern.
Johannes Franke: Ja, oder wir fangen dann an, wieder zu quatschen. Dass wir uns versuchen, gegenseitig im Boden zu quatschen. Wo du wahrscheinlich wieder gewinnen würdest. Scheiße.
Florian Bayer: Und die Diskussionen zwischen uns haben ja auch immer so was physisch Gewalttätiges. Also wenn ich nicht zur Auswahl stehe, wen würdest du sonst bekämpfen wollen?
Johannes Franke: Also ich würde sagen, damit es kurz und schmerzvoll wahrscheinlich, damit es möglichst schnell vorbei ist, nehme ich einfach Chuck Norris und gut ist. Keine schlechte Wahl.
Florian Bayer: Oh, das ist groß. Das ist großartig, weil wir sind ja Endneunziger, Anfang 2000er und die Chuck Norris Memes. Ja, natürlich. Die fallen auch perfekt in diese Zeit. Und die sagen auch sehr viel über diese Zeit aus. Also ich meine, ich habe das jetzt so salopp runtergesagt, aber der Film ist schon ein Kind seiner Zeit.
Johannes Franke: Es geht so weit, dass ich tatsächlich während des Films versuche, mich zu erinnern. Warum fandst du den so geil? Was waren diese Punkte? Ich finde ihn immer noch gut, aber aus anderen Gründen. Ich weiß noch, dass ich damals... Ich weiß noch, dass ich damals so fasziniert von bestimmten Dingen war, wo ich heute denke, oh okay, das ist einfach eine Zeitfrage und so viele Sachen sind passiert, politisch und auf der Terrorebene,
Florian Bayer: Das ist ein Film für die verdorbenen 90er, wo es irgendwie keinen Terror gab, zumindest nicht Krieg direkt vor der Haustür. Ja, nicht vor der Haustür jedenfalls. Und irgendwie alles so in diesem Lala-Rave und Europop. Und Britpop-Land verschwunden waren. Und die 90er fühlen sich so retrospektiv gesehen oft wie so eine, auch ein bisschen unschuldige Zeit an. Kurz vor den Terroranschlägen vom 11. September dann. Die das neue Jahrtausend eingeleitet haben und plötzlich ganz viele Probleme sichtbar gemacht haben, die damals natürlich auch schon da waren. Also wir hatten damals auch schon Terror und wir hatten damals auch schon Krieg. Aber es war, es fühlt sich an, als wäre es alles so eine verlorene unschuldige Zeit ein bisschen.
Johannes Franke: Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Irgendwie schon. Deswegen fällt es mir auch, glaube ich, schwerer noch, auch die Konsumkritik und so weiter, die darin steckt, worüber wir sehr viel ausgefühlt reden werden, um die auch nochmal anders zu betrachten, weil ich damals als junger Mensch den Film gesehen habe und noch gar nicht in seiner Lage war. Ich habe ja noch gar nicht irgendwie 20 Jahre im Büro gearbeitet und war abgefuckt davon, dass ich irgendwie, aber ich habe es gefühlt.
Florian Bayer: Total. Und du warst ja auch damals genauso wie ich absolut Zielgruppe. Wir waren die Zielgruppe für diesen Film. Ja, ja. Das wäre so mein erster Take auf diesen Film. Das ist ein Midlife-Crisis-Film. Absolut. Für Teenager.
Johannes Franke: Ja, ja. Das ist eigentlich ein Comic-of-Age-Film für 30er-Leute.
Florian Bayer: Das ist das, was Finn ja gerne gemacht hätte, aber letzten Endes war das Zielpublikum, das haben die dann von Fox, wo er produziert wurde, auch schnell festgestellt, shit, der Film läuft am besten bei einem Publikum zwischen 16 und 20 Jahren.
Johannes Franke: Also ich glaube, das ist es auch. Es ist so ein bisschen dieses... Ich habe noch nichts erlebt, aber dafür bin ich schon sehr edgy. Also, weißt du, ich habe schon sehr viele... Ich ahne schon, wie scheiße das alles sein kann. Ich weiß es intellektuell, aber ich habe es noch nicht erlebt. Vielleicht ist es auch noch ein bisschen mehr.
Florian Bayer: Also, er ist nicht der einzige Film aus der Zeit, der irgendwie so in dieses Spektrum fällt. Der zweite große Film, den man heute auch betrachten denkt, oh ja, das ist ein Film aus den 90ern, ist American Beauty. Ja, absolut. Auch Ende der 90er veröffentlicht. Im gleichen Jahr. Im gleichen Jahr. Der ganz klar Midlife-Crisis als Thema hat. Aber der tendenziell eher Teenager angesprochen hat. Woran liegt das? Warum haben sich Teenager in dieser Zeit für Filme begeistert, die mit 30er bis 40er oder mit 40er Menschen zeigen, die mit ihrem Leben unglücklich sind und irgendwas Neues versuchen?
Johannes Franke: Die Leute, die in der Lage waren, diesen Film zu machen, waren ja auch so abgefuckt davon, dass ihnen so die Lebensphilosophie der 60er... Ja. ...verkauft wird, aber eben in kommerzialisiert. Das sieht man an diesem Ying und Yang-Tisch, der dann am Ende irgendwie unten liegt. New Age. Yay. Aha. Und das wird halt voll kommerzialisiert und davon abgefuckt sind. Und ich glaube, dass dieser Umbruch einfach noch ein bisschen angedauert hat und dass wir als Jugendliche eben das gleiche Feeling irgendwie schon noch mit hatten. Also auch schon geahnt haben, dass uns irgendwie Sachen verkauft werden, die kommerzialisiert verkauft werden, die nicht kommerzialisiert gehören. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja. Ja.
Florian Bayer: Nein. Ja. Ja. Ja. Ja. Jeder hatte zu Hause, je nachdem wie alt er war, entweder ein Gameboy oder eine Playstation oder dann auch eine Playstation 2, so gegen Ende des Jahrzehnts. Und die Popkultur der damaligen Zeit war auch sehr konsumorientiert. Also wir haben zum Beispiel den Gangsterrap, wo es ja sehr viel um Statussymbole ging und sehr viel darum ging, wer hat mehr Pling Pling und wer sieht cooler aus, wer hat das coolere Auto und wer die cooleren Klamotten. Aber auch in der Rockmusik-Szene haben wir sowas wie, nach dem Ende des Grunge kam eben sowas wie der Britpop, der ja so ein bisschen dieses Revival war, der verdammt fies nochmal dieser Modestil Mod, genau. Dieses Mod-Revival, wo sie plötzlich alle schicke Parkas getragen haben und wieder Anzüge, also Oasis und so. Das waren halt auch so Stilikonen, bei denen man auch gemerkt hat, Konsum ist wichtig. Und vielleicht ist dadurch Konsumkritik in einem Film, auch gerade bei Teenagern, auf sehr dankbaren Boden gefallen. Weil wir waren als Teenager ständig damit konfrontiert, wer hat die coolsten Levi's, wer hat die coolsten Nike und Adidas Klamotten, wer hat die besten Videospielkonsolen, wer hat die besten Spielzeuge. Es war einfach ein Konsumjahrzehnt.
Johannes Franke: Oder sind die Generationen dann nicht mehr so rebellisch, weil wir angefangen haben, die Rebellion gegen den Konsum zu führen und dann irgendwie die gedacht haben, da können wir nicht auf den gleichen Zug aufspringen.
Florian Bayer: Und zwar geht es heute nicht mehr so um Konsumgüter im Sinne von Materialien, sondern die Statussymbole bei Teenagern sind andere geworden. Es geht zum Beispiel darum, wie viele Follower habe ich auf TikTok oder Instagram oder auf YouTube. Ja. Ich persönlich, weil ich in deren Chat rumhänge und so. Ich glaube, es hat sich geändert und ich glaube, der materielle Konsum ist tatsächlich eher zurückgegangen. Kritik am Konsum, dass das immer schlimmer wird, ist ja eigentlich sowas, was auch Generationen nach sich mit sich mittragen und sagen, oh, die Kinder von heute, die Jugend von heute, die konsumieren so viel und es ist alles so oberflächlich geworden. Ich glaube, die 90er waren oberflächlicher als unsere Zeit, was das betrifft.
Florian Bayer: Ja. Wird so mit dem Namen David Fincher verknüpft, natürlich großartiger Regisseur. Fight Club war ein Studiofilm. Fight Club wurde von 20th Century Fox, da war das Buch noch nicht veröffentlicht, wurden die Rechte für einen lachhaften Betrag von 10.000 Dollar gekauft. Das ist so traurig. Genau, Vorlage Chuck Palahniuk. Palahniuk? Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk.
Johannes Franke: Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Palahniuk. Tut mir so leid, ich habe auch keine bessere Variante als du. Schach.
Florian Bayer: Schach. Die haben ihm das abgekauft und die haben dann geguckt, was machen wir. Es wurde darüber überlegt, ob Peter Jackson eventuell Regie führen sollte. Der war aber mit Herr der Ringe beschäftigt schon. Nicht Herr der Ringe, Frighteners und danach Herr der Ringe. Also die Vorbereitungen waren schon drin. Ja, auf jeden Fall, er hatte genug anderes zu tun.
Johannes Franke: Ja, aber naja, ich meine, es gab natürlich auch schon Executives, die gesagt haben, das wird ein furchtbarer Film, den will keiner sehen. Also es ist jetzt nicht so, dass es ein No-Brainer war.
Florian Bayer: Und genau, Siskin hat sich dann halt mit David Fincher ausgetauscht, der wollte das selbst machen, der hatte schlechte Erfahrungen mit Fox, weil Alien 3, sein Debütfilm, ein ziemlich misslungener Einstand 1992, ein Film, der in der Rezeption auch ganz schlecht weggekommen ist. Er hatte bei den Dreharbeiten Probleme mit dem Budget und es gab Krach mit dem Studio und so weiter und deswegen hat er ein bisschen gezaudert, fand dann den Stoff aber doch interessant genug, dass er gesagt hat, ja, ich mach es.
Johannes Franke:
Florian Bayer: Aber wie gesagt, unabhängig von der Qualität dieses Films, also um das vielleicht mit Spoiler vorwegzunehmen, ich finde den Film immer noch sehr großartig, wirklich stark. Ist der Film in einem... Spät-90er-Studio-Kontext entstanden. Ja. Es ist nicht so, dass wir hier einen Auteur vor uns haben, sondern wir haben hier einen Studio-Film mit einem Drehbuchautoren, der angeheuert wurde. Das war Jim Uhl, der auch sonst nichts gemacht hat, das war sein Debüt als Drehbuchautor. Oh, okay. Und dann hat er noch das Drehbuch zu Jumper geschrieben, was vielleicht ganz gut verdeutlicht, wie wir uns in diesem Studio-Kontext bewegen. Das war halt einfach jemand, der angeheuert wurde dafür und Gott sei Dank ging das Ganze dann in die Hände von David Fincher, weil man könnte sich vorstellen, dass andere Regisseure oder Regisseurinnen das vielleicht mehr als traditionellen Action-Film umgesetzt hätten oder so ein bisschen bestimmte Momente aus dem Buch runtergespielt hätten, um das Ganze braver zu machen und zahmer. Und für einen Studio-Film hat der Film auf jeden Fall Biss und hat auch seine provokanten Momente.
Johannes Franke: Stell dir mal vor, Russell Crowe wäre dabei gewesen. Oh, ja. Die Action, also das ist mehr so Gladiator-Style.
Florian Bayer: Bei einem Film und gerade bei so einem Werk wie Fight Club als Vorlage, das so sehr viele verschiedene Elemente hat, die zusammengewoben werden, kann man sehr leicht sagen, man konzentriert sich lieber auf die Action der Fight Clubs. Man macht einen Film, wo es einfach um Kämpfe im Untergrund geht.
Florian Bayer: Ja, oder man könnte sagen, wir konzentrieren uns auf die politische Botschaft. Oder man könnte sagen, wir konzentrieren uns auf das Seelenleben von unserem Erzähler und Tyler Durden. Und wofür hat sich eigentlich Fincher entschieden? Was würdest du sagen, worauf liegt der Fokus am ehesten?
Johannes Franke: Der Film ist ein bisschen convoluted, muss man sagen. Und deswegen ahne ich, dass er eben nichts an Entscheidungen getroffen hat, sondern einfach gedacht hat, okay, das klingt alles gut, das machen wir alles.
Florian Bayer: Ich glaube, er hat schon das, was im Roman wohl auch relativ stark im Vordergrund steht. So die persönliche Entwicklung von dem Erzähler, von dem Namen des Erzähler. Jack, er heißt nicht Jack.
Johannes Franke: Nein, er heißt nicht Jack. Er heißt, glaube ich, Sebastian.
Florian Bayer: Die gehören zum Kanon, doch, würde ich schon sagen. Zum Kanon des Films. Natürlich. Aber der Film endet anders als das Buch, ne? Pff, mir doch egal. Das ist die größte Änderung, die Fincher gemacht hat. Dass er den Film mit dem großen Knall enden lässt, während Palignac seinen Protagonisten am Ende in ein... Wir müssen da drüber hinwegkommen, dass dieser Name so schwer auszusprechen ist. Johannes gickelt jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn ich den Namen ausspreche. Und ich mache es nie selber. Also, Jack hat das Buch anders enden lassen als Fincher den Film.
Johannes Franke: Der musste aber auch Fincher beim Vornamen nennen. Jack und David. Jack und David. Das ist eigentlich so die größte Änderung. Wie endet das Buch denn? Wie endet das Buch? Nochmal genauer.
Florian Bayer: Das Buch endet damit, dass unser Protagonist, unser namenloser Erzähler, von der Polizei geschnappt wird, bevor er den großen Terrorakt machen kann. Und er landet dann in einer Psychiatrie.
Johannes Franke: Das ist voll witzig, genau.
Florian Bayer: Das ist voll witzig, genau. 2022 hat China Fight Club ins Kino gebracht und hat diesen Film einfach am Schluss abgebrochen mit einer Texttafel. Keine Sorge, es ist nichts Schlimmes passiert. Es wurde nichts in die Luft gesprengt. Der Protagonist, Tyler Durden, wurde von der Polizei festgenommen. Er kam in eine Psychiatrie. Viel näher an der Vorlage, ne?
Johannes Franke: Aber das über so Texttafeln zu lösen. Also er erschießt sich. Und dann erschießt sich natürlich die Wange und so. Und dann bricht der Film halt einfach ab. Und du siehst das ganze Ende mit ihr und mit den Hochhäusern überhaupt nicht. Und dann haben sich aber alle beschwert. Das heißt, im Stream gibt es doch wieder die normale Version.
Florian Bayer: Aber China hat vielleicht auch einfach gedacht, Moment, wir müssen der Vorlage gerecht werden. David Fincher hat die Vorlage von Chuck Palahniuk. Falsch umgesetzt. Und deswegen müssen wir... Wer hat die geschrieben? Chuck Palahniuk. Und deswegen müssen wir jetzt das wieder so machen, wie es eigentlich sein sollte. Hey Chuck, das ist für dich. Genau.
Johannes Franke: Es ging nicht um Politik. Der war auch total froh. Er hat sich ja auch gefreut darüber. Natürlich. Er hat ja auch dem Film vorher nicht etwa gesagt, dass der Film seine Geschichte nochmal verbessert hat.
Florian Bayer: Was man wirklich fast nie erlebt. Palahniuk war begeistert von diesem Film. Ja. Er war richtig... Er war... Er war... Richtig begeistert. Er war hin und weg und hat gesagt, ja, dieser Film hat meine Geschichte vervollkommen.
Johannes Franke: Also ich kann mir nicht vorstellen, das als Autor in Erwägung zu ziehen.
Florian Bayer: Nein, genau.
Johannes Franke: Aber geil. Also ich... Natürlich schön. Kudos. Freut mich. Wenn das tatsächlich so da reingeht, in diese Kerbe reinschlägt, die er da sowieso hatte, wollte und... Ja.
Florian Bayer: Aber du hast schon den richtigen Punkt genannt. Der Film entscheidet sich nicht so wirklich, was er sein will. Ja, ja. Er versucht wirklich alles reinzupacken und da passt er natürlich auch sehr gut in die Zeit. Wir haben hier irgendwie so einen postmodernen Film, der sehr viel macht. Er ist Drama, er ist Thriller, er ist Actionfilm, er ist Satire, er ist Psychofilm. Er hat noch einen Plottwist mit drin. Er ist vollgestopft mit so kleinen Zielen. CGI-Spielereien, die schlecht gealtert sind. Die richtig schlecht gealtert sind.
Johannes Franke: Die richtig schlecht gealtert sind. Aber die ich trotzdem süß finde. Ich find's trotzdem süß. Vollkommen in Ordnung. Da durch den Papierkorb einmal durch. Komm, mach schon.
Florian Bayer: Es wirkt... Heute wirkt's wie so eine Fingerübung, ne? Ja, genau. Weil das würde heute keiner mehr machen. Damals hatte man so die Möglichkeiten und hat gedacht, okay, was kann man daraus machen? Und es hat ewig gedauert. Ja, natürlich.
Johannes Franke: Wir haben mehrere Wochen den Rechner laufen lassen müssen, um das bisschen rauszurendern.
Florian Bayer: Ja. Wir haben ganz banale Alltags-Szenen. Nicht Alltags-Szenen. Alltagsgegenstände, durch die die Kamera funktioniert. Also berühmt ist ja mittlerweile die Eröffnungssequenz, das Intro, der Vorspann. Und David Fincher war immer ein Held der großen Vorspänne. Der hat das immer geschafft, einen tollen Vorspann zu erzählen. Ja. Und hier macht der was ziemlich Cooles. Er fährt durch den Kopf von unserem Protagonisten. Man sieht die ganzen Neuronen, wie sie abfeuern. Wir sehen das Gehirn und darauf halt die Musik von den Dust Brothers. Und ja, auch hier ist es so, es wirkt wie eine Computeranimation. Eben aus dem Jahr 19... 1999.
Johannes Franke: Man sieht die ganzen Neuronen, wie sie abfeuern. Ich finde es vollkommen in Ordnung. Also ich... Es gab natürlich so viele Stimmen online, die gesagt haben, oh, schlecht, schlecht, schlecht. Aber ich finde, man muss das der Zeit irgendwie anrechnen. Und man sitzt nicht davor und denkt sich, ach Gott, wie schlimm schrottig. Ja. Das ist es nicht.
Florian Bayer: Man merkt, dass Geld drin steckt. Kevin Todd-Hoke, man merkt, war der Verantwortliche für die Whistle Effects. Ja. Und nicht nur Geld, sondern auch Erfahrung und Ahnung. Der hat vorher schon... Für The Game. Einige Special Effects gemacht. Und der hat das schon drauf. Der macht das irgendwie cool mit den Möglichkeiten, die er halt hat. Aber es sind so ein bisschen die Möglichkeiten der 90er. Und es ist auch so ein bisschen das Verspielte der 90er. Um noch einen Film in den Raum zu werfen, der damals auch rausgekommen ist. Matrix. Ja. 1999. Ja. Der gerne als der Gründungsvater der Bullet-Time-Technologie genannt wird. Die haben wir hier auch. Wir haben hier Bullet-Time-Sex. Wir haben hier keinen Bullet-Time-Kampf, sondern die Sexszene zwischen Tyler und Mala. Mhm. Mhm. Wird mit dieser Technik fotografiert.
Johannes Franke: Was ich aber sehr, sehr schön finde. Ich finde es total gut umgesetzt.
Florian Bayer: Und es ist besser gealtert als zum Beispiel die CGI-Fahrt durch den Mülleimer. Ja, definitiv. Es ist interessant, weil es eben auch ganz gut dieses Zerrissene von unserem Erzähler zeigt. Der ja eigentlich die Person ist, die Sex mit Mala hat. Und so wirkt es wie eine Traumsequenz, die er erlebt. Ja. Und wo alles so ein bisschen unwirklich ist. Aber trotzdem hat er die Bilder im Kopf. Es ist auch... Es macht inhaltlich auch irgendwie Sinn, die an dieser Stelle so zu platzieren. Ja.
Johannes Franke: Und ich habe mal ein kleines Interview gelesen mit den Doubles, die das gemacht haben. Die Sex-Doubles. Ja. Und die dann sagten, dass die recht viel mit Fincher gearbeitet haben. Und der recht viele Takes gemacht hat. Aber alles... Also sie fanden wirklich alles, was die gemacht haben, richtig toll und richtig gut. Und der hat auch Beschreibungen, so Wortfetzen und Beschreibungen der Szenerie, wie hier so ein Fluss, durch den er strömt. Oder der um euch drumherum strömt. Oder sowas. Denen wirklich irgendwie Bilder gegeben, die sie umsetzen sollten, dann irgendwie im Kopf haben und dann im Sex umsetzen sollten. Und sie meinte, alles, was der gegeben hat, findet sich tatsächlich irgendwie auf irgendeine Art und Weise in diesen Sequenzen wieder. Ja. Und was sehr abstrakt war innerhalb dieser Dreharbeiten, aber dann irgendwie doch sehr greifbar im Film wurde. Und das fand sie sehr beeindruckend. Und das finde ich auch beeindruckend, weil ich es immer schwierig finde, Schauspielern wirklich... Was zu geben, womit sie arbeiten können. Irgendwie Fantasie zu geben. Irgendwelche Bilder zu evozieren, die dann dazu führen, dass man das bekommt, was man haben will.
Florian Bayer: Ja. Auf jeden Fall. Auch wenn man dem Film mittlerweile das Alter ein bisschen ansieht. Sehr starke Leistung hinter der Kamera. Vielleicht um noch die Person zu nennen, die die Kamera gemacht hat. Das war Jeff Cronenweff, der hier sein Debüt hat. Und zwar hat Fincher mit dessen Vater schon zusammengearbeitet. Für Alien 3, glaube ich, wenn ich mich richtig erinnere. Und hat ihn dann hier reingepackt und hat gesagt, hey, du kannst das doch auch. Okay. Und Jeff hat offensichtlich seinem Vater alle Ehre getan. Hat wirklich eine rausgegangene Kameraarbeit. Ja, gute Arbeit, absolut. Der Film hat sehr viel Verspieltes, sehr viel Experimentelles, auch was die Kamera betrifft. Wir haben hier nicht, auch wenn es ein Blockbuster ist, haben wir hier nicht unsere typische Blockbuster-visuelle Erzählung vor uns, sondern wir haben sehr viel Spielereien, sehr viel Spaß daran. Originelle Kameraperspektiven auszuprobieren, zwischen totalen und extrem nahen hin und her zu springen.
Johannes Franke: Ja, gute Arbeit, absolut. tatsächlich keine einzige Overshoulder über Tyler Durden, weil der ja nicht existiert. Also gibt es auch keine physische Präsenz im Anschnitt quasi. Also Overshoulder, um das für die Leute zu erklären, die sich nicht auskennen, das ist eine ganz typische Sache, um einen Dialog zu erzählen. Du hast eine Person, die redet und am anderen Bildende sieht man, so ein bisschen die Schulter noch von der anderen Person, in dessen Rücken wir quasi stehen. Und dann schneidet man hin und her zwischen der Perspektive der einen Figur und der Perspektive der anderen Figur und schon hat man einen Dialog. Aber man sieht immer so ein bisschen im sogenannten Schmuddelanschnitt die andere Person, damit man mitspürt, dass sie da ist. Und dadurch, dass Tyler Durden nie im Schmuddelanschnitt ist, ist er auch für die Kamera nie wirklich da. Was ich auch eine spannende Entscheidung finde.
Florian Bayer: Es gibt viele visuelle Tricks mit denen. Auch audiovisuelle Tricks mit denen dieses Nicht-Vorhandensein, dieses Imaginäre von Tyler Durden immer mal wieder angedeutet wird. Also so viel, dass wenn man den großen Twist kennt, wir haben keine Spoilerwarnung, der Film ist 20 Jahre alt, es ist sowieso schon zu spät. Wenn man den Twist kennt, fällt einem das krass auf,
Johannes Franke: es ist sowieso schon zu spät. Total, du hast so viele Sachen, nicht nur audiovisuell, sondern auch inhaltlich oder vom Dialog her, so viele Hinweise, wo du dann denkst, warum zur Hölle bin ich damals nicht drauf gekommen? Warum ist mir das nicht sofort aufgefallen? Ich bin damals gespoilert in den Film gegangen.
Florian Bayer: Nein, wirklich? Er gehört zu den Filmen, in die ich gespoilert gegangen bin, weswegen ich mich wirklich ärgere. Weil ich werde die Frage nie beantworten können, ob ich vielleicht clever genug gewesen wäre, den Twist vorherzusehen, wenn ich ihn einfach unbefleckt im Kino gesehen hätte.
Florian Bayer: Keine Ahnung. Ich meine, es ist auch die Zeit von The Sixth Sense. Stimmt. Man war so ein bisschen auf so Twists vorbereitet. Ja, das stimmt. The Sixth Sense hat mich übrigens kalt erwischt damals. Ja, mich auch. Mein liebstes Plot-Twist-Erlebnis im Kino wird für immer The Sixth Sense bleiben.
Johannes Franke: Ja, mich auch. dass so viele Leute dringend unbedingt einen Plot-Twist in ihrem Film haben wollten.
Florian Bayer: Das war auch so ein Ding Ende der 90er. Kein Film ohne Plot-Twist. Und der hier macht es aber gut, weil selbst wenn man den Plot-Twist weiß, hat er noch seine Qualitäten. Er arbeitet zwar darauf hin, aber es ist nicht essentiell, dafür den Film genießen zu können, dass man nichts von dem Plot-Twist weiß.
Johannes Franke: die ich mir gestellt habe, bevor ich den Film gesehen habe nochmal, weil ich wusste, wohin geht es, wo war das Film? Und ich dachte, vielleicht ist es total langweilig, weil ich ja alles weiß. Aber ich weiß ja nicht gar nicht alles. Das stimmt ja gar nicht. Das ist ja nur eine Grundidee, die sich vielleicht durch den Film zieht. Aber der ganze Film hat natürlich viel, viel mehr zu bieten. Viel mehr Elemente und viel mehr interessante Kommentare auf Gesellschaft und etc.
Florian Bayer: spielt es nicht so eine große Rolle. Und weil der Film auch so allegorisch ist, könnte es sogar sein, dass man könnte auf diesen Plot-Twist komplett verzichten und das Publikum könnte trotzdem drüber sinnieren, ob Tyler Durden und unser Erzähler nicht zwei Aspekte derselben Person sind und ob sie nicht eine Person darstellen in Wirklichkeit. Das würde auch funktionieren, wenn es nicht so hart, wie es hier gemacht wird, erzählt werden würde als psychische Dissoziation oder wie auch immer man es nennen will.
Johannes Franke: Was ich mir übrigens, wenn wir dann schon dabei sind, wo ich beim Reveal dann dachte, jetzt haust du ganz schön auf die Kacke. Jetzt sagt er, ich bin die, Manifestation deiner Wünsche, wie du gerne sein würdest. Und so in vielen Worten, in einem simple turn eigentlich erzählt, was mir so, wo ich dachte, ja okay, du kannst mir das jetzt auch ein bisschen, versuchst mir nicht zu sehr zu verkaufen jetzt. Was soll das? Ist doch in Ordnung.
Florian Bayer: Ich krieg's mit. Der Film hat sehr viel Spaß am Explaining. Ja. Der Film hat sehr viel Spaß am Schwätzen, so wie sein zweiter Protagonist, wie Tyler Durden. Der Film quatscht sehr viel. Wir haben einen Voice-Over- Narrator. Ja. Der auch sehr viel erzählt und zwar sowohl von seinem Inneren als auch von seinem Äußeren, als auch von der Welt. Also wir finden im Voice-Over finden wir auch alles, was Tyler Durden sagt. Wir finden Konsumkritik, wir finden Kritik an der Gesellschaft, an der Politik. Ja. Wir finden die ganze Zeit jammern darüber, wie schrecklich das Leben doch ist, wenn man 40 ist und nicht schlafen kann. Oh Gott. Wir kriegen aber auch zusätzlich erzählt, was passiert. Dann hat Tyler Durden da einen Faltklapp gegründet. Dann wurde das gemacht. Ja. Und dann haben wir aber zusätzlich noch Tyler Durden, der das auch noch mal alles drauf hat, der halt auch total geschwätzig ist. Und es ist ein Film, der sehr viele, sehr viele Monologe hat.
Johannes Franke: David Fincher hatte ja eine Skriptversion, wo gar keine Aufstimme war, ne? Ja. Ursprünglich. Und dann hat er irgendwie festgestellt, irgendwie wär's schön, wenn man noch eine komödiantische Ebene hätte. Ja. Das war sein ursprünglicher Plan für diese Aufstimme. Und dann guck ich mir den Film an und denk mir, ja, weiß nicht, zwei, drei kleine Kommentare, die dann witzig sind, sind drin. Aber ansonsten ist es over explained.
Florian Bayer: ich seh, was Fincher da machen will, und ich find das gut. Ja? Das Problem ist, dass der Film es nicht genug schafft, eine Distanz aufzubauen zwischen seiner Erzählhaltung und der Erzählhaltung von unserem Erzähler. Das heißt, diese Satire, die wir eigentlich wollen, dass dieses Jammern, dieses Lamojante, dieses Machoistische, Maskulinistische, dass das satirisch gebrochen wird, diesen Moment erreichen wir nie, weil die Erzählerstimme viel zu sehr damit beschäftigt ist, den Konsum und dieses gelangweilte Leben satirisch zu brechen. Also, dieser zweite satirische Bruch klappt nicht. Und deswegen bleibt der Film oft auf dieser Ebene. Er macht sich über den Konsum lustig, er macht sich über das langweilige Leben der mit 90er-Leute lustig, die ihren Alltag haben und ihrem Job nachgehen. Aber er schafft es nicht wirklich, sich über diese Möchtegern-Anarchisten lustig zu machen. Davon hätte ich gerne ein bisschen mehr gesehen.
Johannes Franke: Ich finde auch, dass irgendwie diese ganze Konsumkritik, die er in der Aufstimme und so weiter hat, dass die mich irgendwie nicht mehr so erreicht wie früher. Vielleicht war ich auch, am Anfang habe ich ja schon gesagt, ich glaube, wir sind inzwischen an einem Punkt angelangt, wo wir so viel mehr ertragen mussten, dass wir so viel mehr Scheiße erlebt haben mit dem Kapitalismus und der Auswüchse, dass ich schon ein bisschen abgestumpft bin und dass mich das fast schon langweilt und ich das eigentlich zur Seite schieben möchte und diese ganze Entstehung des Faschismus sehen möchte.
Florian Bayer: Und das ist das, was der Film sich ja wirklich bemüht zu erzählen. Und das ist, um das jetzt reinzuwerfen, mein zweiter Take auf den Film. Also der erste war ja, es ist ein Midlife-Crisis-Film für Teenager. Und, oh nee, das ist das dritte. Dann werfe ich noch kurz das zweite ein, weil das ist ganz kurz und das führt auch zum dritten. Das zweite ist, er ist ein Thinking-Man-Action-Film mit Betonung auf Man. Dazu kommen wir gleich. Wie haben wir schon genannt? Matrix. Ja. Und auch Memento, der auch ungefähr aus der Zeit ist. Und David Fincher war zu diesem Moment dann so ein bisschen, wirkte er, als wäre er die Zukunft des Thinking-Man-Actions. Ja. Und dann kam Chris Nolan, der das dann auch noch mal übernommen hat. Oh ja, stimmt. Actionfilme, die einen Subtext haben und eine Cleverness, die man von früheren Actionfilmen nicht kennt. Ja. Und die deswegen einfach, die weiter über das ursprüngliche Actionpublikum hinausgehen, ohne dieses komplett zu verschrecken. Ja. Fight Club ist dafür ein Musterbeispiel. Matrix dürfte wohl das zweite große Musterbeispiel sein. Stimmt, ja. Aber ich betone noch mal das Man mit Ausrufezeichen, weil das ein Cleverer-Actionfilm ist, das führt zu nicht viel, aber dass er für Männer ist, das führt zu verdammt viel. Mein dritter Take nämlich, wir haben hier Toxic Masculinity, the movie.
Johannes Franke: Total krass. Ich denke, die ganze Zeit, der Film will doch eigentlich davon weg. Und warum schafft er das nicht? Warum kommt der da nicht raus? Er will sich drüber lustig machen. Er baut es voll auf. Er baut es voll auf und steht auf der Klippe und springt dann so, aber nicht runter.
Florian Bayer: Und zwar wirklich diese Erzählung, dieses Narrativ von Männern. Die Männer von heute sind viel zu schwach und viel zu sensibel. Sie wurden von Frauen aufgezogen. Wir haben original das Zitat von Tyler Durden. Wir sind eine Gruppe von Männern, die von Frauen erzogen wurden, was natürlich ganz schlimm ist. Ey, furchtbar. Unser Protagonist jammert ständig über Frauen. Also, es gibt nicht viele Frauen. Es gibt eine Frau, nämlich Marla Singer, aber über die wird sehr viel gejammert. Es kommen halt so Sachen vor wie, Why do guys like you and me know what a duvet is? Duvet is. So diese Decken. Es wird ständig so in Frage gestellt, hey, warum sind wir so weich? Warum sind wir so sensibel? Warum konsumieren wir? Wir gehören doch eigentlich raus in die Natur. Wir müssen doch jagen. Wir müssen kämpfen.
Johannes Franke: So, und das könntet ihr jetzt aufbauen. Alles nehmen, alles aufbauen, ne? Nach und nach dieses männliche Gebäude. Und vielleicht hast du es sogar geschafft, lieber Film, uns das irgendwie schmackhaft zu machen. Und wir als Männer stehen davor und denken uns, ja, warum weiß ich überhaupt, was eigentlich weh ist? Und am Ende musst du, aber dann musst du das, musst du doch aber das Gebäude dann wieder einstürzen lassen,
Florian Bayer: Okay, das ist voll gut, dass du jetzt, du sagst es jetzt ganz klar knallhart, er schafft es nicht. Nee, überhaupt nicht. Okay, er hat die Ansätze dazu. Er macht es, also wir haben ja diese Entwicklung von Tyler Durden, der am Anfang wirklich der coole Anarchist ist, dem man gerne folgt, dem man voll sympathisch und witzig findet, der zwischendurch stilisiert wird wie fast so eine Jesusfigur. Es gibt so eine Märtyrer-Szene, wo er sich verprügeln lässt von einem Typen, dem die Kneipe gehört, wo sie unten drin kämpfen. Ja. Und dann lässt er sich von dem verprügeln, um den dazu zu kriegen, die Kneipe zu behalten. Und dann tragen sie ihn am Schluss mit ausgebreiteten Armen auf ihren Schultern. Und das ist so eine Jesus-Pose. Und irgendwann zwischendurch sagt der Erzähler in Tyler, we trust it. Also ... Ja, ja, ja. Also es ist so ganz eindeutig teilweise dieser religiöse Subtext. Und dann haben wir natürlich die Entwicklung von Tyler Durden zum faschistischen Leader. Auch ziemlich klar, wenn er seine Rekruten dann draußen stehen hat, die ihn mit Sir ansprechen und sie müssen hart sein und sie müssen da draußen ... ... draußen stehen, um eben Teil des Projekt Mayhams zu kommen. Wenn sie da reinkommen, verlieren sie ihre Individualität. Sie kriegen ihren Namen weggenommen, sie kriegen ihre Schädel rasiert. Er nennt sie selbst als Space Monkeys, ready to sacrifice for the greater good.
Johannes Franke: Ich hatte zwischendurch den Gedanken, da baut jemand ein Kliemannsland auf. Aber das ist ...
Florian Bayer: Das ist ... Kliemannsland wäre ... Hätte es diesen Shitstorm nicht gegeben und das Aufgedeckte von dem ganzen Mist, vielleicht wäre Kliemannsland genau in diese Richtung gelaufen. Wer weiß. Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Aber dieses Projekt Mayhem ist dann halt einfach, wir sind plötzlich knallhart im Faschismus angekommen. Mhm. Ich finde es erst mal super spannend als Allegorie auf den Faschismus, das ist das, was ich ja immer gesagt habe über den Film, dass hier natürlich gezeigt wird, wie dieser libertäre Anarchismus, den viele total sexy finden und auch heute noch, wir haben das heute ganz viel, wie der peu à peu zu Faschismus führt einfach, weil es eben nur noch um das Recht des Stärkeren geht. Wir haben hier eigentlich Sozialdarwinismus am Werk und das, was vermeintliche Freiheit von diesen Menschen ist, bedeutet eigentlich, wir nehmen uns unsere Freiheit und uns sind andere Leute scheißegal. Also wir rempeln mit Schultern durchs Leben.
Johannes Franke: und prügelt euch mit wildfremden Leuten. Fangt Prügeleien an und lasst euch ... und verliert. Die Szene ist so sehr lustig. Ich finde gerade den Typen, der mit dem Wasserschlauch da ist, sehr, sehr lustig. Es ist voll assi. Natürlich, es ist voll assi. Und dann lässt er ihn auch noch verprügeln von einem Kirchlichen.
Florian Bayer: Aber es ist noch nicht mal die Sache, wenn sie anfangen, wirklich in die Welt rauszugehen, wo sie andere Menschen stressen, sondern es ist davor schon das ganze Zeug, was geredet wird, dieser ganze maskulinistische, machoistische Schrott. Das ist was. Und die Frage ist, dieser Film ist vielleicht total geil, weil er seiner Zeit weit voraus ist und antizipiert, was mit Männlichkeitsbildern im 21. Jahrhundert passiert, so als Gegenbewegung zum Feminismus. Oder er ist mitverantwortlich, dass es diese Bewegung überhaupt gab, dass es nicht nur von den Leuten, die heute rumlaufen und sagen, wir Männer müssen wieder Männer sein, wo das alles dazugehört, Homophobie, Transfeindlichkeit. Transfeindlichkeit ist gerade das große Ding dieser Szene. Aber auch Antifeminismus, Maskulinismus, dass die auch teilweise auf diesen Film voll abgehen. Und dann haben wir natürlich eine ganz merkwürdige Mischung
Johannes Franke: Und jetzt die Frage, die mir die ganze Zeit unter den Nägeln gebrannt hat. Funktioniert das überhaupt? Ist es möglich, dieses Gebäude aufzubauen, weil wir sind ein Haufen Leute, die irgendwie cool sind? In unserer heutigen Zeit, da ist es leichter, das zu entlarven. Aber wenn wir damals im Kino gesessen haben, dann sind wir eben schneller auf den Zug aufgesprungen und haben gedacht, oh ja, cool. Ist es möglich, das tatsächlich aufzubauen und dann so einstürzen zu lassen, dass selbst der letzte Depp noch versteht, so geil war es vielleicht doch nicht?
Florian Bayer: Aber die Frage ist, ob du das willst. Ob du da nicht zu viel Fingerzeig und zu pädagogisch wirst in deinem Film. Da hast du die Welle. Genau, das ist doch ein gutes Beispiel.
Johannes Franke: Ja, weiß ich aber nicht genau.
Florian Bayer: Ja, du hast eine Verantwortung. Aber die Stärke von Fight Club liegt natürlich auch in seiner Ambiguität. Die Stärke liegt darin, dass Leute aus dem Kino gehen. Das ist vielleicht auch so ein bisschen ein Nebeneffekt. Leute gehen aus dem Kino und sagen, oh, dieses Projekt Mayhem ist voll cool. Das ist übrigens, wenn wir uns jetzt noch mal so ganz kurz in unsere Zeit springen, ich glaube, ganz viele Leute, die aus dem Kino gegangen sind, haben gesagt, Mayhem ist cool. Und die heute noch sagen, geiler Dörden ist cool. Das sind die gleichen Leute, die sich tierisch über die letzte Generation aufregen, wenn die sich auf die Straße klebt. So, ah, geil, diese Terroristen und Anarchisten, die zeigen es mal richtig. Ihr klebt euch aber nicht auf die Straße, wenn ich hier mit meinem BMW vorbeifahren will.
Johannes Franke: wenn die sich auf die Straße klebt. Selbe Zielgruppe. Kann sein, ja. Oh, Mann. Ach, scheiße. Das ist halt mein Problem, dass ich den Film überdenke. Es muss doch aber möglich sein, dass wirklich die Leute dann am Ende dastehen und denken, okay, fuck, das sollten wir nicht tun. Ganz schlechte Idee.
Florian Bayer: David Fincher wollte das. Und Jacques Polignac wollte das auch.
Johannes Franke: Ehrenrettung. Sag den Namen noch mal.
Florian Bayer: Ja, und bei ganz vielen Momenten bleibt das so ambivalent. Ich frag mich auch zum Beispiel diese Küchenphilosophie, die Tyler Routh haut. Ist das absichtlich teilweise dumm und oberflächlich? Weil es ist ja ganz oft ... Ich denke schon. Ist es Absicht und will er sich damit auch darüber lustig machen, wenn der so sinnlose Sachen sagt und unserem Erzähler irgendwelches Zeug an den Kopf wirft? Ich glaube schon, ja. Und das ist dann ja alles schon stark, weil eben eine gute Parabel muss auch ein bisschen kryptisch sein und darf nicht zu offensichtlich sein, sonst ist es halt wirklich plump. Und dann geht halt die Kunst verloren. Ist die Ambiguität Schwäche und Stärke zugleich? Ich hab keine Ahnung. Mir fällt's auch schwer. Weil ich weiß, dieser Film würde mich furchtbar nerven, wenn da zu viel Zeigefinger drin wäre und wenn diese Allegorie zu sehr ausgeschlachtet werden würde. Wenn Tyler am Schluss zertrümmert werden würde und noch mal gesagt würde, übrigens, liebe Zuschauer, Tyler war böse. Ich find's schon gut, dass er aufgebaut wird, dass ihm eine Eleganz gegeben wird, ein Charisma und so weiter. Ja. Das muss passieren. Also, du hast ja auch schon gesagt,
Johannes Franke: Also, der Aufbau der Figur muss passieren. Es muss halt irgendwie auch die Zerstörung der Figur entsprechend funktionieren. Ja. Ich glaube schon, dass es eine gute Idee und ein guter Zug ist, die Figur des Narrators, also unsere Hauptfigur, die keinen Namen bekommt, Sebastian, weiß er sich, dass der dann als Schellvertreter für den moralisch integren Zuschauer sagt, ich muss das aufhalten. Ja. Das geht nicht. Unser muss losgehen und alles irgendwie retten. Aber auch unser Protokoll ist,
Florian Bayer: Also, der Protagonist bleibt ambivalent. Also, ich mein, wenn er Jared Leto zu Brei schlägt, ist es nicht so, dass man das Gefühl hat, man hat hier einen sympathischen Protagonisten vor sich.
Johannes Franke: Aber das ist ja, bevor er feststellt, Also, natürlich ist es eine ambivalente Figur, bleibt es. Find ich auch wichtig und richtig. Die Frage ist halt, was fehlt denn eigentlich? Was fehlt mir? Weil eigentlich ist es ja die richtige Methode, denk ich. Die Figur muss auf den Weg gehen und sagen, okay, das geht alles nicht. Ich muss losziehen und Tyler aufhalten. Und stellt dann fest, okay, er muss sich selbst aufhalten. Was er dann ja auch tut. Was ein bisschen unlogisch ist, weil er sich in die Wange schießt und dann ist die Figur weg. Warum? Keine Ahnung. Sie ist ja auch weiterhin da,
Florian Bayer: Und selbst da bleibt es ja ambivalent, weil er hat ja irgendwie doch die Moral von Tyler aufgesaugt. Und am Schluss steht er mit Marla in einer fast romantischen Pose da und guckt sich fröhlich an. Wie diese Häuser gesprengt werden. Es ist jetzt nicht so, dass man das Gefühl hat, er ist Tyler losgeworden und damit hat er nichts mehr mit dem Faschismus und dem Terrorismus zu tun, sondern er ist Tyler losgeworden und es hat so eine Art Verschmelzung fast schon stattgefunden
Florian Bayer: weil ich finde diese Ambivalenz stark. Und es ist auch wichtig, man darf das nicht so fingerzeigend erzählen, man will ja auch irgendwie das Publikum erreichen, dass das für sowas einen Softspot hat, für diese Handwerksfamilie, für diese Handwerksfamilie. Für diese harten Kerle, die coole Sachen machen, die ihr Schicksal in die Hand nehmen, sich nicht mehr alles von den Frauen erzählen lassen. Ich glaube, die Lamojanz, die dahinter steckt, wird viel zu wenig gezeigt. Ja. Weil das ist ja auch so ein Kind der Zeit. Wir haben die harten Kerle, die eigentlich voll die Jammerlappen sind. Ich meine, hey, was für fucking First-World-Problems habt ihr? Ja, ja, genau.
Johannes Franke: Mein Gedanke am Anfang, als der da durch seine Wohnung geht, was total geil gemacht ist, überall ein Label dran, das hat so viel gekostet, das hat so viel gekostet. Und du denkst dir, okay, du hast hier eine richtig jammernde Oberschicht. Ja, absolut. Oder jammernde Mittelschicht. Also einfach die Wohlstandslangeweile. Auf jeden Fall.
Florian Bayer: Und das zieht sich ja auch bis zum heutigen Tag. Wo der Film auch ein bisschen visionär ist, das finde ich, ist heute noch viel schlimmer, wo wir die Männer haben, die drüber jammern, und Transsexuellen und Homosexuellen und Frauen viel leichter gemacht wird als ihnen. Alle haben das leicht im Leben. Nur der weiße, 40-jährige Mann, der hat es richtig schwer. Dem werden nur Steine in den Weg gelegt. Der wird nicht vernünftig repräsentiert in den Medien. Der kriegt keine Jobs mehr, weil ihm die weggenommen werden. Es ist ein Jammer. Wenn du ein 40-jähriger Mann bist oder ein 30-jähriger Mann, dein Leben ist total im Eimer. Du bist komplett unten.
Johannes Franke: Du bist das Letzte.
Florian Bayer: Ja, ja. Es ist voll traurig. Diese Lamellanz wird zu wenig parodiert in dem Film. Darüber wird sich ein bisschen zu wenig lustig gemacht.
Johannes Franke: Ja, ich glaube auch. Obwohl das Ansätze hat am Anfang. Aber die gehen in eine andere Richtung. Man kann viel zu viel andocken, habe ich so das Gefühl. Man kann viel zu sehr sagen, ja, ja, stimmt. Statt zu sagen, was?
Florian Bayer: die total absurd ist, wird wieder ein Mann. Und das ist ja das, was wir auch haben in den Filmen. In den toxischen männlichen Gesellschaften, wie man sie auch heute kennt, dass die Leute sagen, ich bin wieder ein echter Kerl. Die Pick-up-Artists, schreckliche Subkultur. Wer es nicht kennt, das sind die Typen, die Bücher lesen bzw. Bücher schreiben und Kurse besuchen oder Kurse geben. Darüber, wie man Frauen aufreißt und das als Game bezeichnen. Und dann gibt es so Taktiken, die vor allem auf Erniedrigung und Arschlochsein basieren. Sei ein Arschloch und dann kriegst du die Frau. Diese Pick-up-Artists-Szene ist noch ein bisschen älter als die Insel-Szene, die auch daraus entstanden ist. Das sind Pick-up-Artists, die keinen Erfolg haben. Die Insels sind diese unfreiwilligen Jungfrauen. Es gibt Foren von diesen Typen. Wo man erst mal denkt, ist ja nicht schlimm, wenn sich Leute, die keine Jungfrau mehr wären, sich treffen, unterhalten. Aber wenn man in diese Foren geht, sind das vor allem Leute, die darüber jammern, dass die Frauen so gemein zu ihnen sind und sie keinen Sex haben, weil die Frauen alle scheiße sind und nur auf Geld achten. Also auf jeden Fall diese männlichen Subkulturen, die sagen, wir holen uns unsere Männlichkeit zurück, die sind heute auch sehr präsent in den Medien heutzutage. Auch jedes Jammern und Meckern über den nächsten Disney-Film, bei dem es eine schwarze Protagonistin oder einen lesbischen Kuss gibt. Oh mein Gott. Die sind sehr präsent und war Fight Club visionär? Hat Fight Club das schon vorausgesehen oder hat Fight Club das mitbefeuert? Weil die Typen, die das damals gesehen haben, gesagt haben, ich werd jetzt ein richtiger Mann.
Johannes Franke: Also im Wesentlichen sind Filme ja fast immer nur ein Spiegel der Zeit oder des Zeitgeistes und der Entwicklung, die das alles nimmt.
Florian Bayer: Er hat ja schon einiges ausgelöst. Es gab Fight Club-Gründungen dann. Ja, ja, ja. Fuck, Alter. In den 2000ern Gentleman's Fight Club in Kalifornien. An diversen anderen Stellen. Kids und Jugendliche und Kinder haben in verschiedenen Staaten in den USA Fight Clubs gegründet und es kam auch zu Verletzungen. Und ja, die Leute waren inspiriert davon. In Tyler We Trust.
Johannes Franke: Ja gut, aber dann, wir können ja den Film nicht wirklich dafür verantwortlich machen. Weil du musst ja auch Filme machen können, die ein bisschen auf die Kacke hauen und die ein bisschen, ja, nicht wie du sagst, am Ende alles dann, komplett umkehren und sagen, das ist übrigens böse.
Florian Bayer: Oder haben wir hier eine selbsterfüllende Prophezeiung?
Johannes Franke: Das können wir nicht auflösen. Ich nehme an, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt. Aber das können wir, glaube ich, nicht groß beurteilen. Wie will man das auseinanderklammern? Aber ich nehme an, dass der Film ja nur auf etwas basieren kann,
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall kulturell angelegt. Aber er kann es ja trotzdem verstärken. Wenn du gewisse Tropes kolportierst, dann verstärkst du sie auch. Egal wie ironisch gebrochen du das machst. Wenn du was ironisch wiederholst tausendmal, Rassismus oder so, dann setzt sich das trotzdem fest. Dann hilft dir deine Ironie halt auch nichts. Die 90er waren ein gutes Zeitalter für Ironie und auch ein ganz schlimmes Zeitalter für Ironie.
Johannes Franke: Also es ist ja wie viele Filme, die so versuchen, diese toxische Männlichkeit zu ironisieren oder sich darüber lustig zu machen und am Ende verursacht. Und dann vielleicht sexistische Stereotype trotzdem nach vorne bringen.
Florian Bayer: Das klingt bei den beiden, glaube ich, so, der Film ist wirklich stark. Ich mag auch diese Ambivalenz. Ich bin froh, dass er eben nicht so einen Fingerzeig hat und nicht so einen erhobenen Zeigefinger. Das macht ihn natürlich stark, weil er steckt voller starker Momente. Er hat sehr viele Zitate, in denen das so auf den Punkt gebracht wird. Aber halt nie diese, es bräuchte die doppelironische Brechung. Man hat das Gefühl, was ironisch gebrochen wird, wird eben der Konsumismus und dieses gesellschaftlich Angepasste, das wird ironisch gebrochen. Und dadurch findet der Film keinen Raum, dieses vermeintlich Rebellische ironisch zu brechen.
Johannes Franke: die das hätte vorantreiben können, wie mit Marla Singer. Oh, nee. Weiß nicht, doch, die hätte doch das können können.
Florian Bayer: Hätte können können, ja, okay. Wir sind im Konjunktiv.
Johannes Franke: Ja, ja, wir sind im Konjunktiv. Okay, alles klar. Das ist das Problem. Wir müssen die Chancen auch noch mal ein bisschen links liegen lassen. Für dieses Reinforcement der toxischen Männlichkeit, ob jetzt ironisch oder nicht, aber du hast halt irgendwie das Problem, dass die Figur, die da angelegt ist mit der Marla, die ganz großartig von Helena Bonham Carter gespielt ist.
Florian Bayer: aber genau, Helena Bonham Carter macht unfassbar viel Gutes aus dieser Figur.
Johannes Franke: na ja, gut, okay, ja. Aber sie hat so viel Hintersinnigkeit in ihrem Spiel, da steckt so viel drin bei ihr und du hast so viel Gefühl für diese Figur, obwohl die gar nicht alles ausspricht, was da drin steckt. Das gibt dem Film so viel und rettet den Film, glaube ich, auch an manchen Stellen einfach. Das ist toll, also sie macht das hervorragend. Sie macht das wirklich gut. Aber sie hätte sozusagen mehr bekommen können, um dann auch vielleicht noch mal eine andere Ebene reinzuziehen.
Florian Bayer: Angeblich hat Helena Bonham Carter, dass sie die Masken bilden, wenn sie mit der linken Hand schminkt, weil sie sagte, es passt besser zu Mala Singer, dass sie nicht so perfekt geschminkt ist, sondern so ein bisschen, naja so.
Johannes Franke:
Florian Bayer: Es könnte absolut stimmen. Es könnte total stimmen. Das Problem mit Mala Singer ist, es gibt diese Momente, wo sie den Machoismus und Maskulinismus von Tyler, von unserem Protagonisten, infrage stellt. Aber sie macht das so, dass dem Protagonisten immer einen Ausweg gegeben wird, stolz darauf zu sein. Sie sagt, du bist, you're the worst thing that ever happened to me oder sowas, kurz bevor sie sich verabschieden. Aber davor hat sie halt gesagt, du bist klasse im Bett, du siehst gut aus, du bist intelligent und so. Und es ist auch dieser maskulinistische, auch dieser Pick-up-Artist stolz, so weißt du. Du bist ein schrecklicher Mann, mir geht's richtig dreckig, aber hey, du warst eigentlich geil. So wollen die sich sehen, für die ist das so. Ja, genau. Und es ist so, es fehlt dieser Moment, wo einfach mal von ihr gesagt wird, you're pathetic. Irgendwie sowas, wo gezeigt wird, was bist du eigentlich für ein Jammerlappen? Was bist du eigentlich für eine Lusche? Mit allem, was du hier machst, du glaubst, du wärst hier ein großer Schöpfer, indem du ein paar desorientierte, 20-jährige Leute um dich versammelst und ihnen die Haare rasierst und ihnen sagst, sie würden jetzt zu was Größerem gehören.
Johannes Franke: Und das Ende hilft dem Ganzen leider nicht. Die stehen dann so romantisch in der Gegend rum. Ja. Und dann gehören die zusammen. Und weiß ich nicht, das macht halt die Frauenfigur nochmal schwächer und das ist so traurig.
Florian Bayer: gemeckert oder sie ist so eine Projektionsfläche, so hey, die würde ich auch gerne mal flachlegen und hey, jetzt habe ich sie so richtig gezeigt.
Johannes Franke: Ja, und das war aber Brad Pits Idee, ne?
Florian Bayer: Mit dem Handschuh. Und wir haben ihren Namen schon mal gesagt. Und dann hat sie dann Laura Siskin, die Produzentin von Das Vollkacke, und dann hat sie aber in der Testvorführung gesehen, dass die Leute sich kaputt gelacht haben drüber und hat gemeint, okay, das ist vielleicht doch ganz witzig, dann lassen wir es. Und es ist natürlich auch so dieses Bild von dem harten Kerl, der jetzt so richtig brutalen Sex mit ihr macht und der es ihr so richtig gibt. Und naja, halt Tyler Durden ist eine Projektion von ihm. Er will sein wie Tyler Durden.
Johannes Franke: Ja, ja, natürlich, klar, natürlich. Und es ist natürlich auch ein Kind seiner Zeit, das muss man vielleicht auch so sehen. Frauen in dieser Zeit sind natürlich Kind des Patriarchats, dieser männlichen Fantasie, die dann auch versuchen, die männliche Fantasie mit zu übernehmen oder beziehungsweise nicht versuchen, das wäre viel zu bewusst, sondern unbewusst einfach das alles übernehmen und dann glauben, dass das das ist, was sie wollen sollten. Und dann ist die Figur natürlich ein Ergebnis dieser Welt. Das verstehe ich schon auch, aber es ist halt nicht besonders progressiv, sondern eher rückständig.
Florian Bayer: Ja, na, Mala hat ja eigentlich mal die Gelegenheit, so ein wirklich feministischer Gegenentwurf zu sein zu dieser Männerkultur, weil sie ist ja, also ich meine, sie wird als Figur präsentiert am Anfang mit diesen Selbsthilfegruppen, die sie besuchen, die genauso irgendwie durch ist wie Tyler selbst, die auch irgendwie nicht genau weiß, wo sie hingehört und die sich so eine Fassade aufgebaut hat, um dagegen zu arbeiten. Und in dieser Fassade ist sie extrem stark, extrem cool, ihr macht nichts Angst, sie läuft über die Straße und ignoriert jedes Auto, das kommt. Sie klaut schnell mal welche. Sie klaut schnell mal welche aus der Wäscherei, um sie zu verkaufen. Also sie hätte eigentlich das Potenzial, eine starke Frau zu sein. Total. Sobald sie in die Beziehung mit Tyler, also in die richtige sexuelle Beziehung mit Tyler gerät, wird sie so schwach gemacht, weil sie dann eigentlich nur noch da ist, um entweder Sex mit ihm zu haben oder zu sagen, du bist der Albtraum meines Lebens. Ja. Und sonst, da kann sie eigentlich nicht mehr viel machen und er muss sich umdrehen, damit er nicht sieht, wo sie hinfährt, weil er eine Gefahr für sie sein könnte.
Johannes Franke: Ja, genau. Ja, und wenn man einen Film schon macht über toxische Männlichkeit und über dieses Problem und dieses krasse Zusammenrotten von Männern, die irgendwie dann anfangen, faschistische Vereinigungen zu bauen, warum kommt man denn nicht auf die Idee, die weibliche Figur als Gegenpol zu inszenieren? Ich meine, das ist doch das naheliegendste überhaupt. Oder hat er gesagt, ah, das ist zu naheliegend, ich mach das anders. Aber wo macht er das anders?
Johannes Franke: Ah, weil hast du schon mal Helena fucking Bonham Carter? Ja. Und dann gibst du ihr nichts zu spielen, obwohl natürlich hatte sie was zu spielen. Sie hat es auch sehr, sehr gut gemacht, aber es ist, sie hätte da mehr geben können noch.
Florian Bayer: Schauspieltechnisch ist der Film super. Ja, sowieso. Wir können noch einmal kurz, ich meine, es fühlt sich fast so ein bisschen lame an, weil natürlich sind Edward Norton und Brad Pitt großartig. Ja, natürlich. Den muss man fast nicht betonen, dass die toll spielen beide mit Mut zur Hässlichkeit. Edward Norton, der sich komplett abmagert. Ja. Nachdem er im Film davor extrem bullig den Nazi gespielt hat in American History X. Brad Pitt dagegen, der ins Fitnessstudio geht. Ja, so von wegen self perfection.
Johannes Franke: Ich habe gerade darüber nachgedacht, wie krass der sagt ja im Film self perfection oder self improvement. Self improvement. Self masturbation. Genau. Und self destruction. Und dann hat der so einen Oberkörper.
Florian Bayer: Ja, so wirklich einen muskelgestählerten Körper. Er sieht wirklich gut aus in dem Film und dann aber natürlich hässlich durch die Art, wie er sich bewegt und wie er sich verhält. Natürlich, ja, ja. Aber ja, nicht nur was sie körperlich machen, sondern die spielen auch einfach gut. Die waren damals schon extrem gute Schauspieler. Ja. Edward Norton noch relativ unbekannt damals. Brad Pitt irgendwie schon so ein Star, der zum zweiten Mal Mut zur Hässlichkeit bewiesen hat in Twelve Monkeys von Terry Gilliam. Da war er auch schon so ein bisschen so.
Johannes Franke: Ja. Eigentlich ist er hier so ein bisschen fast schon die seichtere Variante von dem Twelve-Monkey-Typ. Ja, der Twelve-Monkey-Typ ist ziemlich hässlich.
Florian Bayer: Hier ist er definitiv stärker. Egal. Und kann irgendwie auch noch so als Sexsymbol herhalten. Ja, das stimmt, ja. Einfach allein durch die Muskeln.
Johannes Franke: Nein, nein, alles gut.
Florian Bayer: Nein, nein, alles gut. Um vielleicht noch eine Schauspielleistung zu erwähnen, die ich wirklich überraschend fand. Meat Love. Meat fucking Love spielt saugut. Er spielt diesen Bob, der den Tyler bei dieser Selbsthilfegruppe für Krebspatienten kennenlernt. Und er hat Brüste, weil er eine Therapie hat. Nachdem er Prostatakrebs hatte. Was? Prostatakrebs? Wenn ich das jetzt so wüsste. Oder Hundenkrebs. Na, auf jeden Fall hat er eine Hundenkrebs. Oh, ich glaube Hundenkrebs. Hundenkrebs. Ja, ja. Eine Hormontherapie und dadurch sind ihm Brüste gewachsen. Und er wird irgendwann auch Mitglied von diesem Project Mayhem und vom Fight Club. Er ist nicht so viel zu sehen, aber er spielt das echt saugut. Meat Love. Ja, absolut. Der Hardrock-Sänger Meat Love, der in diesen kitschigen Hardrock-Videos in den 80ern und 90ern aufgetreten ist auf dem Motorrad und als Phantom der Oper. Kann Schauspielern.
Johannes Franke: Das ist wirklich ganz gut. Hat er gut gemacht. Und jetzt muss ich nochmal darauf, ich weiß, wir haben das jetzt schon ein paar Mal gemacht, aber diese Selbsthilfegruppen von den Männern sind alle so inszeniert, dass wir sie doof finden sollen. Dass wir die verweichlichten Männer scheiße finden sollen. Und das ist schon etwas, wo ich mir denke, okay Film, du willst mir das wirklich richtig hart reinprügeln. Ja, auf jeden Fall.
Florian Bayer: Und das ist halt auch wieder was, wo diese ironische Brechung fehlt. Ja, genau. Dass gezeigt wird, dass die im Fight Club vielleicht viel größere Jammerlappen sind, weil die in den Selbsthilfegruppen, die trauen sich zu wechseln. Die trauen sich, sich in den Arm zu nehmen. Genau. Und ja, der Film benutzt das eigentlich nur als Setup, um sich drüber lustig zu machen,
Johannes Franke: Wobei natürlich er trotzdem erzählt, dass es ihm hilft. Also es ist ja nicht so, dass er da ist, um sich drüber lustig zu machen nur, sondern es hilft ihm ja auch zu schlafen. Er kann ja mit denen dann auch weinen und was ja hilfreich für sein Leben ist. Also so ist es nicht. Aber der macht sich halt wirklich so stark über diese Männer her, die da selbst in Selbsthilfegruppen weinen, dass das irgendwie, dass einem das wirklich so um die Ohren geprügelt wird, als kein richtiges männliches Bild, was du hier abgibst.
Florian Bayer: New Metal, Gangsterrap, WWF Attitude. Der Film wurde übrigens auch bei Wrestling-Veranstaltungen ganz stark promotet. Oh Gott, ja. Das ist das Zielpublikum gewesen. Und das haben die Produzenten erkannt. Und David Fincher fand es richtig kacke. Aber wahrscheinlich auch, weil er es auch erkannt hat, dass der Film eben genau das männliche Publikum anspricht, dass hier satirisch hinterfragt werden soll.
Johannes Franke: Nur kurz einen kleinen Fun-Fact, weil ich gerade darüber stolper. Er erklärt zwischendurch, weil er ja Projektor ist, Projectionist im Kino, dass dieser Hinweis, wann der Film gewechselt werden, die Filmrolle gewechselt werden muss mit diesem kleinen Symbol, was er dann Cigarette Burns nennt. Es wurde nie Cigarette Burns genannt. Niemals. Es ist einfach nicht so. Es stimmt nicht. Das haben sie erwartet. Das haben sie erfunden. Bitte glaubt den Scheiß nicht. Weil es cool klingt.
Florian Bayer: Liebe Kinder, bevor der Film digital wurde, gab es so etwas, das nennt man Filmrollen.
Johannes Franke: Das war Adoltismus gerade.
Florian Bayer: Allerdings. Vielleicht kann man bei einem solchen Film nicht anders. Übrigens, Edward Norton hat davor Rounders gespielt und hat sich geweigert. In diesem Film zu rauchen. Und in Falkland hat er dann angefangen mit Qualm. Übrigens coole Männer rauchen. Auch Ende der 90er. Heute würde man das nicht mehr so inszenieren.
Johannes Franke: Auch spannend. Ah, das müssen wir auch mal auseinander nehmen irgendwann. Dieses Rauchding in Filmen.
Florian Bayer: Fun Fact 2. Wenn du schon random Fun Facts reinwirfst. Der Film, so konsumkritisch der Film ist, er hat eine Menge Konsum an Bord. In Form von Product Placement.
Johannes Franke: Stimmt, das war auch einer dieser großen Beispiele für dieses erwachende Product Placement von Cola und Co.
Florian Bayer: Ikea. Volkswagen. Starbucks. Krispy Kreme. Und Apple.
Johannes Franke:
Florian Bayer: Ja, viel auf jeden Fall. David Fincher hat dann aber gesagt, okay, machen wir, klar. Brauchen ja ein bisschen Geld. Aber wir machen die Sachen kaputt. Seid ihr damit einverstanden? Hm. Die waren alle damit einverstanden. Nicht alle. Kudos. Starbucks wollte nicht. Starbucks wollte nicht. Aber Apple. Und Apple wird gesprengt. Der Apple Store wird richtig in die Luft gejagt. Stimmt, ja. Und die Volkswagen, die Beatles werden verprügelt. Also es ist so. Ich finde Product Placement in späten 90ern, Anfang 2000er-Filmen immer schwierig, weil es sehr stark auffällt.
Johannes Franke: Aber in dem Film gar nicht so sehr, finde ich.
Florian Bayer: Also ich finde es auch grundsätzlich witzig, weil vielleicht ist es nochmal so ein Teil der Ambivalenz dieses Films, dass er halt dieses Product Placement drin hat, die Produkte zerstört, aber es halt trotzdem hat. Der Film hat die ganze Zeit so was Bigottes. Genau wie Tyler. Ja, ja. Und diese Heuchelei trägt der Film in sich, aber der ist Teil seiner Ambivalenz und das ist auch irgendwie cool. Hm.
Johannes Franke: Weil der Film doch immer teurer wurde und dann irgendwo bei 67 Millionen oder so gelandet ist. Der wollte da halt raus aus dem Dingens und dann hat er gesagt, ja, mein Geld behalte ich lieber selber. Und dann haben ihn die Produzenten drei Wochen lang Dailies vom Dreh geschickt. Also immer wieder, was haben wir heute gedreht, guck dir das mal an, so geil sieht das aus und so. Und nach drei Wochen hat er gesagt, ja, komm, ich bin wieder dabei. Ich geb dir das Geld.
Florian Bayer: Ja, dann, pass auf. Wir haben jetzt sehr viel, ich hab das Gefühl, wir winden uns die ganze Zeit um diesen Film rum und kommen nicht zu einem abschließenden Fazit. Wollen wir einfach mal eine Top 3 einwerfen, die es uns ein bisschen leichter macht und dann schwingen wir zurück zum Film und tschinge.
Florian Bayer: Konsumkritik.
Johannes Franke: Oh, schöne Liste. Ich dachte immer, das wäre ein sehr, sehr beliebter Film. Liebtes Thema bei Filmen, aber ich hab so viele gar nicht gefunden, die mir irgendwie wirklich was gesagt hätten, die ich toll fand oder so.
Florian Bayer: Nee, ich fand's auch gar nicht so einfach. Ich hab jetzt drei, mit denen ich relativ zufrieden bin. Ja. Aber keine Ahnung, wie zufrieden. Lass uns einfach mal gucken. Willst du loslegen?
Johannes Franke: Mein Platz 1. Dein Platz 1? Oh mein Gott, okay. Möchtest du was dazu sagen?
Florian Bayer:
Florian Bayer: Dann nehme ich dir jetzt deinen Platz 1 weg. Platz 3 ist bei mir Wally. Nein, das ist nicht mein Platz 1. Verdammt. Ein kleiner Roboter, der die Erde aufräumt, weil die Menschen verdammt viel Schrott da gelassen haben. Ja. Sich in einen anderen Roboter verliebt. Die sind übrigens ganz klar männlich und weiblich markiert. Ich hab kurz überlegt, ob ich sag eine Roboterin. Das hat sich komisch angefühlt. Ja. Und dann mit ihr zusammen ins Weltall fliegt. So einem Raumschiff, auf dem die Menschen jetzt leben. Und die machen nichts anderes als konsumieren und bewegen sich gar nicht mehr. Und toller Konsumkritikfilm, toller Pixar-Film. Okay. Großartig.
Johannes Franke: Hattest du eigentlich Konsumkritik oder Kapitalismuskritik gesagt? Konsumkritik. Oh, jetzt wird's für mich schwierig. Aber der ist wichtig, der Film. Der ist so, so wichtig, dass ich den drin lassen muss, trotzdem so oder so. Modern Times von Charlie Chaplin. Das ist mehr Kapitalismuskritik, mehr Kritik am Optimieren des Produktionsprozesses und des Menschen. Aber es ist so gut und so wichtig auch für die Zeit gewesen, dass das mal aufs Tableau kommt. Und das ist ein Film, der eigentlich schon in der Tonfilmzeit entstanden ist und trotzdem eine Art Stummfilm geblieben ist. Mit diesen Geräuschen, die drin sind. Mit Geräuschen drin und ab und zu mal einem Monolog von einem Chef oder sowas. Der irgendwie...
Johannes Franke: Der Arbeiter will mal Pause machen, sitzt auf Klo, wo er vorher seine Karte gestempelt hat, dass er nicht bezahlt wird für die Zeit, in der er auf Toilette ist, was schon für sich so ein Ding ist. Ja, auf jeden Fall. Und das ist das. Die berühmte Szene, wo er zwischen den Zahnrädern stecken bleibt. Cool.
Florian Bayer: Auf jeden Fall sehenswert. Mein Platz 2, Dawn of the Dead aus dem Jahr 1978. Das war klar. Der Original-Zombiefilm, der zweite Teil von der Living Dead Trilogie von George R. R. Romero. Wenn ihr mehr zu Zombiefilmen wissen wollt, hört euch die letzte, vorletzte Episode an. Da reden wir über 28 Days Later und über das Zombie-Genre. Hier verschlägt es die Überlebenden in einer Zombie-Apokalypse in ein Kaufhaus bzw. in eine Mall, in ein Shoppingcenter. Und da machen sie sich erstmal gemütlich und konsumieren, was das Zeug hält. Und dann kommen Rocker und die konsumieren auch, was das Zeug hält. Und dann kommen Zombies und die laufen genauso wie die Konsumenten durch das Kaufhaus, nur halt, dass sie es auf Menschenfleisch abgesehen haben und nicht auf die schicken Uhren und Kleider. Toller Film mit wunderbar satirischem Subtext und gleichzeitig viel Horror, viel Gore, viel Splatter. Dawn of the Dead.
Johannes Franke: Dann darfst du jetzt raten, welcher mein Platz 1 ist, weil eigentlich ist er offensichtlich. Nee. Was ist dein Platz 1? Konsumkritik. Wir hatten gerade Weihnachten.
Florian Bayer: Ach so, ah, natürlich, ja.
Johannes Franke: Ja, natürlich How the Grinch Stole Christmas, die Variante mit Jim Carrey.
Florian Bayer: Ach du Scheiße. Aber es ist auch die Zeit, in der wir uns befinden bei Fight Club. Ja, ja, ja. Wirklich, du ziehst den Jim Carrey-Film, den Chuck-Jones-Zeichentrickfilm vor. Wir reden übrigens von Grinch.
Johannes Franke: Nein, aber, nein, das Ding ist, Chuck Jones hat ja das gar nicht so sehr in den Vordergrund gestellt, diese Konsumkritik. Ach so, ja.
Florian Bayer: Wow, was für ein schrecklicher Platz 1. Oh, okay.
Florian Bayer: Und dafür hast du Exit Through The Gift Shop auf Platz 3 gepackt. Ja. Der war wirklich richtig toll. Ein geiler Konsumkritikfilm, sondern auch einer, der gegen uns schießt, als Kunstkenner und Kunstfreunde. Ja, absolut. Die Banks sie abfeiern.
Johannes Franke: Weil es geht ja natürlich darum, dass der Kunstbetrieb und das alles, was so um Kunst drum rumläuft, und da ist Banksy natürlich der Beste, um das zu erzählen, als Street-Artist, der ja eigentlich keinen Ausstellungsraum hat, wo irgendwelche Price-Tags dran sind, sondern es ist halt einfach die Öffentlichkeit. Und der macht sich halt darüber lustig oder zeigt uns allen, wie scheiße wir mit Kunst und Konsum umgehen. Ja.
Florian Bayer: Aus dem Jahr 2010 ein großartiger Banksy-Film, der ja legendär ist, den sollten wir eigentlich auch mal besprechen. Eine Doku oder Pseudodoku, man weiß nie so genau, was ist Fake, was ist echt. Fantastisch inszeniert und ein richtig fieses Spiel mit dem Publikum und ständig im Hintergrund so, ey schaut euch mal diesen absurden Kunstbetrieb an, von dem ich Teil bin, von dem wir alle Teil sind. Ja. Und denkt mal darüber nach, was hier überhaupt passiert gerade.
Johannes Franke: Das ist toll. Ganz großartig. Das ist der Moment gewesen, wo Banksy bei mir den großen, also richtig groß, großen Klick gemacht hat und ich gedacht habe, aha. Das ist sein Ding. Sehr gut. Weiter so.
Florian Bayer: Auch so diese Ambivalenz, diese Kritik an der Industrie und gleichzeitig voll Mitglied sein. Also letzte große berühmte Aktion war ja dieses sich selbst zerstörende Kunstwerk, das versteigert wurde.
Johannes Franke: Das ist auch schon ein paar Jahre her auf jeden Fall. Aber ist das die letzte große Aktion? Da war nach, danach war noch Disneyland in Böse und das Hotel am Grenzstreifen. Und so das. Okay, es gab noch ein paar Sachen.
Florian Bayer: Es gab noch gute Sachen. Na ja, aber konkret was Konsumkritik betrifft, ne? Ja, okay. Wo er seinen eigenen Status als Mainstream-Künstler, der konsumiert wird, kritisch hinterfragt und gleichzeitig Teil davon ist. Also es gibt bei Banksy und das ist auch bei Exit through the Gift Shop immer so eine Ambivalenz dieses, er ist Künstler, aber gleichzeitig ist er auch Produkt. Ja. Und er wird konsumiert und er findet es kacke, aber er findet es auch irgendwie geil und er macht sich drüber Lust. Aber gleichzeitig umarmt er es und man weiß nie genau, wo er steht, weil es die ganze Zeit so oszilliert zwischen Kritik, Satire und halt doch das ganze Akzeptieren. Resignation vielleicht sogar.
Johannes Franke: Stimmt. Ja, dann sind wir jetzt schnell durch die Top 3 durchgekommen. Hör mal.
Florian Bayer: Und dann sind wir wieder bei Fight Club.
Johannes Franke: Ja, und für mich bleibt die Frage, ob ein Film überhaupt da rauskommen kann, wenn er sich da auf dieses gefährliche Eis begibt. Weil das dann, wie du sagst, entweder ist man dann mit dem Zeigefinger und hat dann irgendwie einen Film vor sich, wo man denkt, ja irgendwie scheiße. Weil mit dem Zeigefinger zu dolle ist. Oder man hat einen, der einfach sich immer wieder gefallen lassen muss, dass man sagt, naja, aber du befeuerst das, was du kritisierst. Ja.
Florian Bayer: Ah, fuck. Ich glaube auch, da kommen wir nicht so ganz raus. Und irgendwie diesen Balanceakt müssen solche Filme, solche Kunstwerke machen. Ich finde, Fight Club gelingt eher partiell. Er bleibt als künstlerisches Statement extrem stark. Er ist auch als Film extrem unterhaltsam. Ich hatte wieder unglaublich viel Spaß, den zu gucken. Er guckt sich einfach gut weg.
Johannes Franke: Das Ding ist halt, man ist dann irgendwie, wenn man ihn lange nicht gesehen hat und nicht mehr weiß, wie gut er eigentlich war, sondern nur noch so die groben Eckdaten im Kopf hat, dann ist man so genervt von den Typen. Ja, die Typen, die den Film halt geil finden. Wenn man denkt, ihr findet den Film gut, dann darf ich den eigentlich gar nicht gut finden. Weil ihr so maskulinistisch und so toxisch männlich an die ganze Sache rangeht. Und dann will man da nicht auf der gleichen Linie bleiben. Aber er ist ein guter Film. Ja, er ist einfach wirklich ein guter Film. Fantastisch inszeniert, toll gespielt. Obwohl wir jetzt die ganze Zeit so viele Argumente dagegen gefunden haben. Es ist eine seltsame Episode gewesen, Flor. Ich hab mich die ganze Zeit darüber aufgeregt, wie dieser Film inszeniert ist. Oder irgendwie die Frauenrolle nicht und das und das. Aber irgendwie ist er am Ende doch wirklich gut.
Johannes Franke: Ja, danke, Johannes.
Johannes Franke:
Florian Bayer: Johannes wird mir für nächste Woche einen Film aufgeben. Wenn ihr wissen wollt, wie meine Hausaufgabe aussieht, dann müsst ihr jetzt kurz dranbleiben.
Johannes Franke: Ja, euch eine schöne Woche. Bleibt gesund und so.
Florian Bayer: Sehr schön.
Johannes Franke: Bis dann. Oh ja, ich bin gespannt. Und zwar, weil wir ein kleines bisschen mehr Zeit haben als sonst, weil wir nämlich, liebe ZuhörerInnen, zwischen den Jahren stecken dann. Weil wir ja voraus aufnehmen. und ihr die Episoden immer ein bisschen später bekommt, als wir sie aufnehmen, haben wir etwas Zeit und können uns ein bisschen intensiver mit etwas beschäftigen. Und zwar würde ich sagen, weil Wednesday irgendwie so groß geworden ist als Serie auf Netflix, interessiert mich doch nochmal, uns die Addams Family anzuschauen. Welche? Also tatsächlich die Addams Family aus den 90ern, die beiden Filme würde ich gerne sehen. Die Filme unserer Kindheit? Ja genau und dann würde ich uns bitten, dass wir beide drumrum, so wie wir das beim Grinch gemacht haben und wie wir das auch letztes Jahr zu Weihnachten für die Weihnachtsgeschichte gemacht haben, dass wir uns ein kleines bisschen mit dem beschäftigen, was links und rechts noch passiert ist. Was es so für Ursprünge gibt, was es vielleicht für Serien, dass wir in die Serie reingucken, die von früher. Und dass wir in die Wednesday-Serie auf Netflix reinschauen und so ein bisschen uns darüber austauschen, was da drin steckt und was alles rausgeschlachtet ist. Was da reingeschaltet wurde.
Florian Bayer: Sehr cool, klingt nach einem guten Plan. Du weißt, es gibt unglaublich viel rund um die Addams Family. Ja, es ist wirklich viel. Es kamen noch zwei Animationsfilme raus vor ein paar Jahren, die habe ich mit meinem Kind zusammen geguckt. Deswegen habe ich die noch so vage in Erinnerung. Ah, okay. Also zumindest den einen. Und ich glaube, es gibt noch mehr, als man meint. Ja, ja, ja. Finde ich total cool. Also lasst uns einfach mal gucken, wie viel Addams Family wir schaffen. Addams Family 1 und Addams Family 2 aus Anfang der 90er Jahre ist unsere Basis. Und darüber hinaus versuchen wir so viel Addams Family aufzusaugen, wie wir können. Ich freue mich, bin sehr gespannt. Ja, ich auch.
Johannes Franke: Ja, ich auch. Ich wollte jetzt nicht noch bis Halloween nächstes Jahr warten, deswegen. Perfekt, okay. Bis dann, ciao. Bis dann, ciao.
